Gabriels Geburt – 2011
Ich war 19. Eigentlich so jung und doch so erwachsen geworden in den letzten 9 Monaten.
Ich bin gerade erst in meine neue Wohnung gezogen. Babybettchen, Babykleidung, Babybadewanne, Kinderwagen und Maxi Cosi standen bereit. Mehr hatte ich nicht, mehr wollte ich nicht.
Ich bin froh zu der Zeit noch kein Instagram gehabt zu haben. Es hätte mir wahrscheinlich ein Gefühl gegeben eine schlechte Mutter zu sein, weil unser Sohn weder ein eigenes Schlafzimmer hatte, noch eine Wickelkommode oder einen Kleiderschrank. Ich war der Meinung, das brauchten wir nicht. Wir hatten nicht viel Geld, also haben wir nur das nötigste besorgt.
Kein Stubenwagen, keine aufeinander abgestimmten Babymöbel. Keine Wandtattoos, kein Babyblau-weißes Holz Inventar.
Einfach das, was unser Kind brauchte. Viel wichtiger war doch sowieso unsere Liebe. Wie das Zimmer aussieht, weiß kein Baby später noch.
Ich war also gut vorbereitet. Hatte trotzdem bei Mama übernachtet, die letzten 3 Wochen. Ich wollte nicht allein zuhause sein, wenn es los geht. Mein Mann hat noch seine Ausbildung gemacht und war ganz oft erst um 23./23.30 Uhr zuhause.
Wenn es los ging, sollte Mama sofort zur Stelle sein.
Ich hatte vorher gegoogelt: „wie fühlen sich Wehen an?“
-Ohje. Die Antworten waren so dermaßen unbefriedigend. Wirkliche jede Frau hat schlicht und einfach geschrieben „das merkt man“
Hmmmmm. Okay.
Ich lag auf dem Sofa bei meiner Mama.
Ich hab mir Dschungelcamp reingezogen. Die Staffel mit Jay Khan und Indira Weiß mit ihrer Fake Liebesshow.
In der Nacht ist Indira rausgeflogen.
Dann kam das Nacht Journal. Es fing gerade an. Mit dem weißhaarigen Moderator..
Plötzlich hatte ich einen so unfassbar stechenden Schmerz im Rücken. Es ging wie eine Welle von rechts nach links.
Der Schmerz war aber generell noch auszuhalten. Ich dachte mir, ich warte mal ab. Um 00:30 die nächste Welle im Rücken. Sind das die Wehen?? Ich guck mal, ob es nochmal kommt, danach wecke ich Mama.
01:00 die nächste „Welle“ im Rücken.
Ohhhh. Könnte sein, dass es los geht!
Habe bei Mama an die Tür geklopft.
„Mamaa, es geht loooos“
Schlagartig war sie wach. Ihre erste frage:
„Haben wir noch Zeit für einen Kaffee??“
Haha Jaaa. Ich denke schon. Haben uns in die Küche gesetzt. Um 01:15 kam die nächste Wehe.
Meine Mama hatte sich gerade den Kaffee eingeschüttet, da kam die nächste Wehe. Und 3 Minuten später die nächste. Meine Mutter hat sehr rücksichtsvoll auf ihren Kaffee verzichtet haha. Es ging dann doch plötzlich schneller als gedacht.
Als wir an der Wohnungstür standen, haben zeitgleich meine beiden Schwestern aus ihren jeweiligen Zimmertüren geguckt.
Beide ganz aufgeregt, wollten erst mit, aber wir haben gesagt, dass wir allein fahren. Meine kleine Schwester Kate war 14. Da muss man nicht unbedingt mit in den Kreissaal bzw stundenlang davor warten.
Sind dann ins Krankenhaus gefahren. Die Wehen kamen jetzt alle 2 Minuten. Ich wurde langsam echt nervös.
Angekommen im Krankenhaus haben wir am Eingang zum Kreissaal geklingelt.
Eine nette Hebamme hat uns die Türe geöffnet und das erste was aus mir rausgesprudelt kam, war: „Mein Baby kommt jetzt“
Offensichtlich sind die Hebammen bei jungen werdenden Müttern eher entspannt, weil die meisten wohl mindestens 3 mal kommen und mit einem Fehlalarm wieder nach Hause geschickt werden. Als sie mich dann ans CTG angeschlossen und meinen Muttermund gefühlt hat.. Puuuuh da wurde ich sofort in den Kreissaal gebracht. Bei mir war es wohl kein Fehlalarm.
Ich weiß leider gar nicht mehr wieso sie mich damals in die Badewanne gepackt haben, aber sie haben es gemacht. Ich lag exakt 2 Minuten drin und schrie plötzlich „ICH MUSS PRESSEN“
Ahhhhh! Alle haben mir aus der Wanne geholfen. Im Auto noch hatte ich meinem Mann geschrieben. Wir hatten zu dem Zeitpunkt noch nicht zusammen gewohnt. Er kam sofort ins Krankenhaus, klingelte ganz hektisch und dachte er hätte schon was verpasst.
Jetzt lag ich auf dem Bett und hatte höllische Schmerzen. Ich hab die Hebamme nach einer PDA angebettelt, da grinste sie mich ganz ermutigend an und sagte: „Kind, bis die PDA wirkt, hat dein kleiner Junge längst das Licht der Welt erblickt“
In dem Moment alles andere als beruhigend. Ich dachte mir einfach nur, fuuuuuck warum gibt sie mir nichts gegen die Schmerzen!!
Dann kam sie wieder mit einem laaaaangen Stab. Sah aus wie ein Rouladen Stäbchen in Groß. Was wird das??
Die Hebamme erklärte mir, dass sie meine Fruchtblase aufmachen würde. Tut nicht weh, wird nur warm und nass sein..
Gesagt, getan.
Die nächste Presswehe stand an und ich sage es immer wieder, ich hatte das Gefühl ich KACKE EINE MELONE!!!!
Es war so seltsam. Dieses Gefühl, als ob mein Kind hinten raus kommt.
Kleiner Einschub:
Gabriel war 8 Tage über dem ET. Am Tag seiner Geburt hatte ich meinen (hoffentlich) letzten Frauenarzt Termin. Sie hatte mir einen Wehen-Cocktail „verschrieben“
Ich sollte mir was mischen. Rizinusöl, Aprikosensaft und süße Sahne.
Sie hatte nicht erwähnt, dass Rizinusöl abführend wirkt. Halleluja. Nach dem Getränk saß ich erstmal ne gefühlte Stunde auf der Toilette und hab meinen Darm entleert.
Gut für mich. So kam wenigstens nichts unerwartet beim pressen mit raus.
Jetzt habe ich noch 2 mal richtig doll gepresst und schon hörte ich meinen Mann sagen:
„Noch einmal Schatz, dann hast du es geschafft, ich sehe sein Köpfchen schon“
Dieser Satz klingelt noch heute in meinen Ohren.
Dann habe ich nochmal die Hände meiner Mama und die der Hebamme zerdrückt. Noch einmal gepresst und da war er.
Gabriel hat das Licht der Welt erblickt.
Um 04.26 Uhr.
Dieses kleine knautsch Gesicht. Dieser kleine, echte, menschliche, Babykörper. Die Gefühle überrannten mich. Freudentränen kullerten über mein Gesicht. DAS ist DEIN Fleisch und Blut. UNSER BABY.
Unfassbar. Man kann diese Gefühle kaum in Worte fassen. Es ist das wahre Gefühl von Liebe.
Ja, man liebt seinen Partner. Ja, man liebt seine Mama und ja, man liebt seine Geschwister.
Aber dein eigenes Kind? Es ist eine Liebe die man nur kennt, wenn man selbst Mama ist.
Mein Baby. Es ist 10 Monate in mir gewachsen. 2 Herzen in einem Körper.
Und jetzt? Lebt MEIN Herz außerhalb von mir weiter. Du lebst plötzlich nicht mehr für dich. Du lebst jetzt für dein Leben lang für dich und dein Kind. Du hast so viel Verantwortung.
Ich fühlte mich, als ob ich Gabriel mit liebe erdrücken würde. Kann man sowas denn? Ich habe ihn in meinem Arm gehalten, an meine Brust gedrückt, ihn stundenlang angeguckt, ihn geküsst, seine zärtlichen kleinen Händchen gehalten, meine Nase an seine gestupst und immer wieder vor Freude geweint.
Es ist das unbeschreiblichste Gefühl auf der ganzen Welt.
Ich bin jetzt eine MAMA !
Julia Götte
November 28, 2015Das klingt wunderbar und ziemlich unkompliziert. Erinnert mich an die Geburt meines Sohnes. Wir haben auch weder ein Babyzimmer noch Wandtattoos und ich hab Instagram. Manchmal fühlt man sich schon komisch wenn man sich die ganzen Profile anschaut aber du hast recht dass ein Baby hauptsächlich gaaaanz viel Liebe braucht und keinen teuren Krimskrams!
Kamila Jarocka
November 29, 2015Super geschrieben:D v.a. das mit der Melone 😀 ich L I E B E deine Texte *_*
elenschen
November 29, 2015die Liebe einer Mama zu ihrem Kind ist wirklich unbeschreiblich – ich freu mich schon auf unser zweites Baby im März ❤️
Laila
Dezember 5, 2017Ich bin gerade über diesen Blogeintrag von dir gestolpert und musste weinen (liegt bestimmt an den Hormonen), als ich von der Geburt von Gabriel gelesen habe. Ich bin selber schwanger in der 30 Ssw. und freue mich schon so auf unseren Sohn. Hast du sehr schön geschrieben! Was die ganzen Babyzimmer und Wandtattoos betrifft, wir haben auch kein Babyzimmer, sondern nur ne Wickelkommode in unserem Schlafzimmer. Wie du geschrieben hast, das Baby erinnert sich sowieso nicht daran und am wichtigsten ist die Liebe die es bekommt! ❤